734 Rudolph Hölbe"Sirene". Um 1887/ 1888.
Rudolph Hölbe 1848 Lemgo – 1926 Dresden
Bronze, gegossen, schwarzbraun patiniert. Auf der naturalistischen Plinthe signiert "Rud. Hölbe. Dresden". Rückseitig an der Außenkante der Plinthe mit dem Gießereistempel "Guss A. Milde & Co. Dresden.". An der Unterseite Reste älterer Klebe- Etiketten.
Figur mit Plinthe auf einem eine Säulenbasis imitierenden Sockel aus rotem Marmor mit verdeckter Rotation.
Am ausgestreckten Arm unscheinbar punktuell angeschmutzt ; minimale Bestoßung am linken Oberschenkel. Kleiner, punktueller
...
Abrieb der Patina am linken Schlüsselbein. Weiße Anschmutzung am Innenknöchel des linken Fußes. Vereinzelt minimaler biogener Befall. Marmorsockel mit unscheinbaren Altersspuren.
Als einer der treuesten Schüler des Akademieprofessors Johannes Schilling arbeitete R. Hölbe 12 Jahre im Atelier seines Lehres, bevor er sich 1883 als freischaffender Künstler in Dresden niederließ. Nach fünf Jahren ist erstmals die Beteiligung an nationalen Ausstellungen außerhalb seiner Heimatstadt nachweisbar, sein erstes ausgestelltes eigenständiges Werk ist die "Sirene", gezeigt 1888 auf der III. Internationalen Kunstausstellung in München und im selben Jahr auf der Berliner Jubiläumsausstellung. Daß die Ausstellungsbeteiligung mit dieser Skulptur für den Bildhauer erfolgreich verlief, zeigt eine Besprechung in „Kunst für Alle“ des Jahres 1887/1888, worin es heißt, daß „(...) dessen (Hölbes) kühn aufgefasste Sirene sich auf der Berliner Jubiläumsausstellung viel Beifall errang (...)“. Vgl. Die Kunst für Alle, 3, (1887/1888), Heft 2, S. 29 und Illustrierter Katalog der III. Internationalen Kunstausstellung München 1888. München, 1888. S. 186, Kat. Nr. 2878 (Saal 13).
In expressiver Mimik und raumgreifender Gestik schildert Hölbe die verführerische und gleichsam bedrohliche Macht des Fabelwesens. Mit klauenhaften Füßen posiert die Verführerin über den verwesenden Resten ihrer Opfer, in der Linken die aus einer Muschel geformten Leier zur Begleitung ihres Gesangs, die Rechte schon gierig ausgreifend nach vorn gestreckt. Die Flügel werden vom Wind gebläht, der Körper neigt sich dem nächsten Opfer entgegen - der Betrachter spürt den anstehenden siegreichen Sprung und verharrt doch gebannt und fasziniert vor dieser klanglosen Sirene.
Hölbe zeigt die erstmalig bei Homer erwähnte mythologische Figur als, wie in der Odyssee beschrieben, unheilbringendes Mischwesen aus Frau und Vogel. Nach der homerischen Dichtung lebten die zwei Sirenen (in weiteren Überlieferungen veränderte sich deren Anzahl bishin zu acht) auf einer einsamen Insel zwischen dem Eiland der Kirke und den Felsen Skylla und Charybdis im Mittelmeer. Ihr betörender Gesang und die Gabe, alles auf Erden Geschehende berichten zu können, zogen die Seefahrer in ihren Bann und damit ins Verderben. Allein das Schiff der Argonauten um Jason als auch Odysseus und seine Gefährten vermochten es, dem Gesang der Sirenen zu entkommen.
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H. 58 cm, mit Sockel 71 cm, T. 55 cm.